2. Abend der 20. Uniwochen: Mit 67 noch fit für den Job?

Anlässlich der 20. Universitätswochen berichtete Professor Edgar Heineken, Leiter des Fachgebietes Allgemeine Psychologie an der Universität Duisburg-Essen, über seine Forschungsarbeiten zum Thema „Gedächtnisleistung im Alter“.

MOERS. „Ein intaktes Gedächtnis bestimmt unser Wohlbefinden und unsere Lebenszufriedenheit.“ Davon ist Professor Edgar Heineken überzeugt. In seinem Vortrag anlässlich der 20. Universitätswochen veranschaulichte er anhand eigener Forschungsarbeiten, wie das Gedächtnis funktioniert und wieso jeder Mensch die Vergangenheit im Gedächtnis tagtäglich wiederaufführt. Rund 300 Zuhörer waren in die Kundenhalle der Sparkasse am Niederrhein gekommen, um vom Leiter des Fachgebietes Allgemeine Psychologie an der Universität Duisburg-Essen zu erfahren, wie sich die Gedächtnisleistung mit dem Lebensalter verändert.

Anschaulich berichtete Professor Heineken von den Ergebnissen psychologischer Experimente und verdeutlichte, dass das Gedächtnis nicht nur Fakten erinnere, sondern auch für das Selbstwertgefühl und das Selbstbildnis verantwortlich sei. „Ohne unser Gedächtnis sind wir gar nichts“ zitierte er den spanischen Filmemacher Luis Bunuel und zog Parallelen zur Inszenierung unserer Erinnerungen: „Im Alter ist unser Repertoire als Regisseur sogar größer.“

Diskrepanzen zwischen dem sogenannten Realselbstbild und dem Idealselbstbild sorgten für Niedergeschlagenheit. Beispielsweise beruhe eine Midlife Crisis auf einer ebensolchen Ich-Diskrepanz. Die Tatsache, dass gewisse Merkmale des Selbstbildes die Lebenszufriedenheit bestimme, führte Professor Heineken zu der Erkenntnis: „Für eine Zufriedenheit im Alter muss jeder die zu ihm passende Wohnform finden.“

Mit 67 noch fit für den Job?

In seinem Grußwort hatte Sparkassendirektor Winfried Schoengraf eingangs auf den Vortrag Dr. Henning Scherfs in der Vorwoche angespielt: „Ich hoffe sehr, dass Sie uns die schönen Aussichten, bis ins hohe Alter geistig fit bleiben zu können, nicht trüben.“ Professor Heineken zeigte sich nicht als Spielverderber. Zwar stellte er ausführlich altersbedingte Leistungsabnahmen dar, doch bezüglich der Verlängerung der Lebensarbeitszeit besteht für ihn kein Zweifel, „dass wir mit 67 noch fit für den Job sind.“ Die nachlassende Gedächtnisleistung müsse kein berufliches Handicap sein.

„Überspitzt formuliert, könnte man sogar fragen: Sind wir mit 40 überhaupt noch fit für den Job?“ Die Ergebnisse eines Forschenprojektes, welches er mit Studenten der Uni Duisburg-Essen initiiert hatte, ließen keinen Zweifel daran, dass die Informationsverarbeitung älterer Menschen zwar deutlich geschwächt sei, das Gedächtnis diese Teilschwächen im Alltag aber offenbar kompensieren könne. Professor Heineken: „Der alte Mensch hat keine Defizite in seiner kognitiven Leistungsfähigkeit.“ Vielmehr sei er ein Stehaufmännchen, welches sich den Erfordernissen des Lebens stets anpasse.

Gedächtnis-Check für jedermann

„Die Ängste vor den vermeintlichen Symptomen einer Altersdemenz sind oftmals völlig unbegründet“, so Heineken. Seine Forschungen zeigten deutlich, dass sich die Alzheimer-Krankheit beispielsweise nicht über vergessene Namen ankündige. Seine Studien basieren auf dem Internet-Portal www.GedächtnisOnline.de. In einer virtuellen Gedächtnissprechstunde können Besucher verschiedene Funktionen ihres Gedächtnisses prüfen lassen. „So kann jeder im stillen Kämmerlein testen, ohne anderen eine eventuelle Gedächtnisschwäche offenbaren zu müssen“, sieht Professor Heineken die Vorteile des interaktiven Gedächtnis-Checks.

Insgesamt sei die Resonanz auf das Projekt überwältigend gewesen. „Bis heute haben mehr als 200.000 Personen die Website besucht. Vor allem 19 bis 28-Jährige, 40-Jährige und 60 bis 64-Jährige haben sich dem Test unterzogen.“ Gut 12.000 Datensätze hätten dabei wissenschaftlich seriös ausgewertet werden können. Der Wissenschaftler wertet seine Online-Forschung als einen Erfolg in der alterspsychologischen Forschung und Popularisierung neurologischen Wissens.

Podiumsdiskussion am 18. Oktober

Für die Schlussveranstaltung am Donnerstag, 18. Oktober, hat die Professorin Ursula Lehr, ehemalige Bundesministerin für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit, ihr Kommen zugesagt. Die namhafte Psychologin gilt als "Gerontologin der ersten Stunde". Sie wird ihre Erfahrungen zum Dachthema der 20. Universitätswochen - „Demografischer Wandel - Bedrohung oder Chance für unsere Gesellschaft?“ - beitragen.

Mit ihr diskutieren der Medizinprofessor Thomas Philipp vom Zentrum für Innere Medizin der Universitätskliniken in Essen und Hans Georg Crone-Erdmann von der Vereinigung der Industrie- und Handelskammern in NRW. Gerd Bosbach, Professor für Statistik an der Fachhochschule Koblenz, ist für seine Kritik am herrschenden „Demografie-Pessismus“ bekannt. Er wird in dieser Runde Prognosen zur demografischen Entwicklung in Frage stellen und begründen, warum er keinen Anlass zur Dramatik sieht.

Die abschließende Podiumsdiskussion moderierte erneut der Journalist Bernd Müller vom WDR. Den Bericht finden Sie hier im Sparkassen-Kurier.

11.10.2007