Premiere der „letzten Führung“ im Moerser Schloß

NIEDERRHEIN. Eine Folterung mit einem echten Grafschafter Waffeleisen und ein König, der noch im Todeskampf aufs Protokoll achtet. Unterhaltsam und voller Überraschungen ist „Die letzte Führung“ durch das Moerser Schloß. Anläßlich der Criminale 2004 inszenierte Schloßtheater-Intendant Ulrich Greb das Stück des niederländischen Krimiautors Jaqùes Toes als mörderische Burleske. Die Sparkassenkulturstiftung Moers, die Kunststiftung NRW und der Kulturraum Niederrhein ermöglichten die Inszenierung. Bei der Uraufführung und Premiere folgten dem Ensemble rund 60 Zuschauer quer durch das Grafschafter Museum.

Schauspieler stellen Szenen aus der Moerser Geschichte nach

Es sollte das Lebenswerk von Myrtha Mariendal (Birgit Oswald, überzeugend!) werden. Ein echtes Schloß mit historischen Ausstellungsstücken bietet an möglichen und unmöglichen Stellen insgesamt 89 Werbeflächen zwischen 58 und 0,1 Quadratmetern. Sie sollen pro Jahr einige Millionen Euro einspielen. Der Tag ist da, finanzkräftige Sponsoren warten gespannt auf die Führung durch das geschichtsträchtige Promotionobjekt. Myrtha Mariendal empfängt die Gäste und führt sie eloquent zu den verschiedenen Stationen, an denen Schauspieler Szenen aus der Moerser Geschichte nachspielen – und auf die attraktiven Werbeflächen verweisen.

Die Schloßbesucher werden Augenzeugen, wie die spanischen Besatzer im Jahr 1586 Aufständische foltern und wie dem eben vom Pferd gefallenen Wilhelm III. von Oranien noch ein Stammhalter entlockt werden soll, damit Moers nicht an Preußen falle – vergeblich. Ebenso vergeblich wie der Versuch Myrtha Mariendals, einen Mord, der im Verlauf der Handlung und angesichts eines abgetrennten und blutigen Beines plötzlich ruchbar wird, zu ignorieren. Sie will ihr Geschäft machen, der mit zwei Knallchargen von Mitarbeitern aus dem Hintergrund auftauchende Kommissar will das Verbrechen aufklären.

Tod sämtlicher Protagonisten

Unterdessen gelangen die Schloßbesucher auf den Dachboden, wo die Spielschar zuletzt die zum Bein gehörige Leiche entdeckt. Zum Finale hin entwickelt sich hier ein Durcheinander an Zeit, Raum und Handlung, das zwangsläufig mit dem Tod sämtlicher Protagonisten enden muß. Zuvor erleben die Zuschauer einen wilden Gang durch die Moerser- und die Theatergeschichte. Lag eben noch Wilhelm von Oranien im Sterben (1702), mutiert eine spanische Industrielle plötzlich zum grausamen Herzog Alba, der 1567 im Auftrag Philipps II. 18000 protestantische Niederländer ermordet.

Intendant Ulrich Greb und der aus den Niederlanden zur Uraufführung angereiste Jaqùes Toes hatten, ebenso wie die Schauspieler und die Premierenzuschauer, sichtlich ihren Spaß an dem lokalen Thriller. Das Stück wird während der aktuellen Spielzeit noch mehrfach zu sehen sein. Terminanfragen unter 02841 / 201-730.

3.5.2004