Dichtung und Musik im Xantener Rathaus

XANTEN. „Einst zähmte ich einen edelen Falken“ hieß ein Abend mit Dichtung und Musik im Ratssaal. Zurecht von Bürgermeister Christian Strunk als „Kunstereignis“ bezeichnet. Zu verdanken ist dies den herausragenden Leistungen von Querflötistin Andrea Kiencke und Rezitator Jörg Zimmer. Den Titel wählten die beiden Künstler aus einer Strophe der dramatischen Ballade „Die Nibelungen“ der ostpreußischen Dichterin Agnes Miegel. Passend, denn die Einnahmen des von der Stadt Xanten und der Sparkasse am Niederrhein veranstalteten Abends sollen dem geplanten „Nibelungen(h)ort“ zufließen.

Argentinische Folklore, klassische Musik und Jazz-Elemente

Es ging um „Liebe und Not im Spiegel von Dichtung und Musik“. In drei Blöcken wechselten sich Musikstücke aus drei Jahrhunderten und Rezitationen aus Werken deutschsprachiger Dichter und Schriftsteller ab. Andrea Kiencke ist Dozentin für Querflöte an der Dom-Musikschule in Xanten. Sie eröffnete den Abend mit „Les Folies d’Espagne“ des französischen Komponisten Marin Marais. Im zweiten Block dann auf Alt- und großer Flöte zwei Tango-Etüden des Argentiniers Astor Piazolla. Eine Verbindung von argentinischer Folklore, klassischer Musik und Jazz-Elementen. Den dritten Teil eröffnete die 28jährige mit der faszinierenden Totenklage „Mei“ des Japaners Kazuo Fukushima. Den musikalischen Abschluss bot ein Stück von Claude Debussy, „Syrinx“, die Flöte des Gottes Pan.

Blutrünstig bis heiter

„Gedichte sind gemalte Fensterscheiben“ – mit diesen Worten von Goethe begrüßte Sparkassen-Pressereferent Zimmer die Gäste. Schon da war zu erkennen, daß hier nicht einfach Gedichte und Balladen vorgelesen werden. Weitestgehend frei rezitierte und spielte der ehemalige Dramaturg am Landestheater Burghofbühne die 17 Texte. Wie in dem Prolog aus Goethes Faust: Hier der fordernde, provokative und arrogante Mephisto, dort der gütige und ruhige Gott.

Gleich drei Figuren sprach er in Emanuel Geibels Ballade „Die Goldgräber“. Blutrünstig die Erlebnisse über „Die schwäbische Kunde“ von Ludwig Uhland, tragisch Fontanes „Zwei Raben“. Auch bekannte Schulklassiker waren dabei wie die „Bürgschaft“ von Schiller oder die „Loreley“ von Heine. Als witziger Kontrapunkt dazu von Kästner der „Handstand auf der Loreley“. Nachdenklich machte die Passage aus Reich-Ranickis Autobiographie. Zimmers Rezitationen ließen mitfühlen und miterleben. Sie zeigten, wie spannend und gefühlvoll „die Klassiker“ sein können. Zwei Stunden erstklassige Musik und Literatur. Bitte mehr davon!

Dr. Ralph Trost

29.4.2004

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