Eröffnung der 15. Universitätswochen / 230 Besucher

MOERS. "Das deutsche Gesundheitswesen ist krank." Der das sagt, belegt seinen pathologischen Befund nicht mit eigenen schlechten Erfahrungen im Krankenhaus, bei Ärzten oder Krankenkassen. Professor Dieter Cassel lehrt an der Duisburger Gerhard-Mercator-Universität Wirtschaftspolitik mit dem Schwerpunkt Gesundheitsökonomik. Vor rund 230 Besuchern hielt Professor Cassel jetzt das Eröffnungsreferat zu den 15. Universitätswochen der Duisburger Universität und der Sparkasse Moers. Unter dem Titel "Unsere Gesundheitsversorgung - zwischen Hightech-Medizin und Unbezahlbarkeit" beleuchten ausgewiesene Experten das Thema in zwei Fachvorträgen und einer Podiumsdiskussion.

Ganz im Sinne seines Gegenstandes gliederte Professor Cassel seinen Vortrag in die zwei Bereiche "Diagnose" und "Therapie". Im ersten Teil lieferte er interessante Fakten und mehrfach wissenschaftlich begründete Prognosen. Cassel: "Wenn die Entwicklung im Gesundheitswesen so weitergeht, dann wird der Beitragssatz für die gesetzliche Krankenversicherung im Jahr 2040 bei rund 30 Prozent liegen." Derzeit liegt er bei knapp 14 Prozent.

Nach eingehenden Untersuchungen diagnostizierte der Gesundheitsökonom ein umfassendes Fiasko: Bereits im ersten Halbjahr 2002 sei das Loch in der gesetzlichen Krankenkasse auf 2,4 Milliarden Euro angewachsen. Und trotzdem weise der Befund eklatante Versorgungsmängel, beträchtliche Unwirtschaftlichkeiten und erhebliche Qualitätsdefizite bei medizinischen Leistungen auf. Fazit: "Wir zahlen für die S-Klasse, fahren aber Golf." Und das, obwohl die größte Herausforderung noch bevorstehe. Einerseits verringern sich die aktiven Beitragszahler durch die demographische Entwicklung zusehends. Und zweitens werde die Versorgung der Bevölkerung durch den medizintechnischen Fortschritt immer noch teurer.

Cassels Therapievorschläge dürften allseits für Zähneknirschen sorgen. In einem ersten Schritt fordert er die Abschaffung der Vertrags- und Vergütungsmonopole zwischen Krankenkassen und Ärzten. An ihre Stelle soll nach dem Willen des Ökonomen der freie Wettbewerb treten. "Patienten sollten Krankenkassen und Ärzte nach Qualität und Leistung beurteilen können, ganz so, wie sie es sonst auch tun, ehe sie Geld für eine Ware oder Dienstleistung ausgeben."

Gleichzeitig solle der Leistungskatalog auf eine Grundversorgung der Bevölkerung beschränkt werden. Was darüber hinaus geht, müsse selbst bezahlt werden. Deutlich beklagte Cassel Schieflagen bei der Beitragserhebung und -pflicht. So sei es ungerecht, Ehegatten beitragsfrei zu stellen, obwohl sie keine Verwandten pflegten oder Kinder erzögen. Zuletzt forderte er eine Verbreiterung der Beitragsbemessungsgrundlage. Bislang sei es so, daß 40 Prozent des Einkommens in Deutschland gar nicht unter die Bestimmungen der gesetzlichen Krankenversicherung fielen. Cassel: "Akute Einnahmeverluste stehen hier einem sich ausbreitenden Ausgabenfieber gegenüber."

Am Rande der Eröffnung zeichneten der Rektor der Universität Duisburg, Professor Ingo Wolff, und Sparkassendirektor Hartmut Schulz die beiden diesjährigen Preisträger des Innovationspreises Mechatronik aus. Hartmut Schulz: "Wir verstehen die vielfältigen Kooperationen mit der Universität als unverzichtbare Bereicherung unserer Region." Am Donnerstag, 17.10.2002, referierte Professor Dietrich Grönemeyer unter dem Titel: "Med. in Germany - Verpasst Deutschland eine Chance?" (Bericht dazu hier im S-Kurier)

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