Musiksommer: Abschlußkonzert

Moers. Hoch seien die Anforderungen bei der Einschreibung gewesen für den Meisterkurs bei Irwin Gage und Esther de Bros, noch höher für die Auswahl zum Abschlusskonzert des "Moerser Musik-Sommers". Von siebzehn waren nur sieben Duos übrig geblieben.

Hat das Publikum im Kammermusiksaal des Martinstifts die Zukunft des deutschen Kunstliedes mit der Liedkunst von Schubert, Schumann und Brahms gehört?

Hoffentlich hat sie überhaupt eine Zukunft, diese wertvolle Musikgattung, die als "le lied" in Frankreich und "the lied" in England als deutsches Kulturgut gepflegt wird. Diese Mischung aus genialer Dichtung eines Goethe oder Heine mit kongenialem Gesang und Klavierbegleitung. Mitunter und nicht einmal in den unangenehmsten Fällen adelt die Musik auch die eher bedenklichen Ergüsse von Poeten, die somit nur noch im Konzertsälen eine Rolle spielen.

Werkstattcharakter

Hauptsache, dies alles geht nicht verloren. Wir sind um eine Hoffnung reicher, dank dieser Institution "Moerser Musik-Sommer", und geben den Dank weiter an die Dozenten, an die Kulturstiftung Sparkasse Moers, an die Gasteltern der Kursteilnehmer und last not least einmal mehr an die künstlerische Leiterin des Ganzen, an Christiane Schumann.

Die Veranstaltung trage, so las man im Programm, "Werkstattcharakter". Wenn dies bedeuten sollte, dass auch etwas hätte schief gehen können - es ging nichts schief. Kein Wunder bei diesen Talenten!

Der angenehm timbrierten Altstimme von Anna Fischer und ihrem Klavierbegleiter Theo Palm folgte man gern "in die tiefsten Felsengründe". Aber was finden diese jungen Menschen nur an diesen schwermütigen Liedern? Bei Steffanie Patzkes erstem Lied, Schuberts "Vor meiner Wiege", machte man sich bereits, sollte es so weiter gehen, auf eine nachhaltige musikalische Sommer-Depression gefasst, aber dann folgte das muntere "Im Frühling", in dem die Sopranistin sich wünscht, ein Vöglein zu sein, um sich gleich darauf mit Schumanns Opus 83, Nummer 2 als "Blume im Garten" wegzuträumen. Traumhaft übrigens auch das Piano von Tim Stolte.

Heines lyrisches Ich

Bariton Martin Berner (Klavier: Christine Tonner) wäre ein guter Balladensänger, weniger sah und hörte man in ihm das Medium für Kerners und Heines lyrisches Ich. Seinen mächtigen Bass setzte Frederic Bergsma - auch dank seiner Begleiterin Susanne Rost - mit Nachdruck bei Brahms ein, denn es ging um viel: "Enthülle mir dein Wahres!"

Kunstlieder sind manchmal Rollenspiele. Adréana Kraschewski - mit Partner Thomas Aydintan - gab sich religiös-inbrünstig als Schuberts "Junge Nonne" hin und fragte anschließend als "Mignon" (Schumann/Goethe) "Kennst du das Land, wo die Zitronen blühn?"

Auch kräftige Stimmen können ganz sanft werden, geradezu schwebend, wie die von Sylvia Koke, unterstützt von Pianist Tobias Kampen, in Schuberts "Nacht und Träume".

Endkonsonanten müssen nicht knallen

Die recht nahe Zukunft des Kunstliedes haben wir auch gehört: bei Elena Alexandra Fink und Matthias Wierig (Klavier). Eine ungewohnt natürlicher Sopran. Und hier wurde bewiesen, dass man bestens artikulieren kann, ohne gleich alle Endkonsonanten aufdringlich zu knallen. Hier haben sich zwei zusammengefunden, die zusammengehören - künstlerisch; alles andere brauchen wir nicht zu wissen.

Fink/Wierig gestalteten Schumanns Opus 42: Von "Seit ich ihn gesehen, glaub ich blind zu sein" über "Du meine Wonne, du meine Lust" bis "Nun hast du mir den ersten Schmerz getan". Dichter Adelbert von Chamisso hielt dies für "Frauenliebe und -leben". Nun ja, die Texte sind mehr als anderthalb Jahrhunderte alt, die Musik übrigens auch, doch zusammen gehören sie zum Wertvollsten des romantischen Kunstlieds - in Vergangenheit, Gegenwart und hoffentlich noch lange in der Zukunft.

Günter Metzner

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